SFB 1194 verlängert: Benetzung, Wärme- und Stofftransport weiter im Fokus
Förderung des Sonderforschungsbereichs 1194 um weitere vier Jahre bewilligt
29.05.2020
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die Förderung des 2016 eingerichteten Sonderforschungsbereichs „Wechselseitige Beeinflussung von Transport- und Benetzungsvorgängen“ (SFB 1194) um weitere vier Jahre bewilligt.

Die Forschung des SFB 1194 ist unter anderem relevant für moderne Druck- und Beschichtungstechnologien, für effiziente Wärmeübertrager sowie für die Medizin- und Umwelttechnik. Was passiert genau, wenn etwa beim Drucken oder bei einem medizinischen Schnelltest strukturierte Oberflächen mit komplexen Flüssigkeiten wechselwirken? Wie hängen dann Be- und Entnetzungvorgänge von den lokalen Impuls-, Wärme- und Stofftransportvorgängen ab? Die grundlegenden Mechanismen dieser gekoppelten Vorgänge sind bislang größtenteils unverstanden. Obwohl sich viele dieser physikalischen Phänomene nur im Bereich einiger Nano- bis weniger Mikrometer abspielen, bestimmen sie maßgeblich die Effizienz der Gesamtprozesse oder die resultierende Produktqualität.
Neue Impulse in der zweiten Förderperiode
In der zweiten Förderperiode (1. Juli 2020 bis 30. Juni 2024) umfasst der SFB 1194 neun geprägte Teilprojekte mit klarem Fokus auf phänomenologische Grundlagen, sechs Teilprojekte aus dem Bereich experimentell sowie sieben Teilprojekte, die sich mit konkreten Modellierung und Simulation befassen. Der SFB 1194 wird in der zweiten Förderperiode von zusätzlichen Teiprojektleitenden unterstützt ( Anwendungen : Prof. Dr.-Ing. Jeanette Hussong, A01 : Prof. Dr. Regine von Klitzing, A09 : Prof. Dr.-Ing. Peter Pelz) und konnte zwei SFB-Nachwuchsforscher als Teilprojektleitende gewinnen( C06 : Dr.-Ing. Dirk Gründing, B02 : Dr.-Ing. Florian Kummer). Neu sind die folgenden vier Teilprojekte: B06
: „Nanoskalige Untersuchungen zur Be- und Entnetzung bei Imbibition und Nukleation“ (Projektleitung: Prof. Dr. Regine von Klitzing, Fachbereich Physik, TU Darmstadt) Teilprojekt A09
Ziel dieses neuen experimentellen Teilprojekts sind nanoskalige Untersuchungen der Be- und Entnetzung bei Imbibition und Nukleation. Es soll zur Klärung beitragen, inwiefern Oberflächeneffekte zur Verformung der Kontaktlinie auf nanoskopischer Längenskala beitragen. Mit einem Rasterkraftmikroskop wird die Kontaktlinie mit einer Auflösung von 10-30 nm abgerastert. Unterschiede zwischen nanoskopisch und makroskopisch gemessenen Kontaktwinkeln werden analysiert. Neben einfachen Fluiden und Oberflächen werden Gemische und mesoporöse sowie quellbare Oberflächen eingesetzt. Zum Studium der lokalen Stoffverteilung soll ein Nano-Tauchkörper eingesetzt werden. Diese generische Konfiguration soll direkt mit Simulationen verglichen werden.
: „Skalenüberbrückende Simulation dynamischer Benetzungsprozesse auf Basis der Phasenfeld-Methode“ (Projektleitung: Dr.-Ing. Holger Marschall, Fachbereich Mathematik, TU Darmstadt) Teilprojekt B07
Ziel ist das grundlegende Verständnis des lokalen Transportgeschehens an der Kontaktlinie bei skalenübergreifenden, dynamischen Benetzungsprozessen auf komplexen Substraten. Dazu wird ein in
entwickelter Strömungslöser auf Basis der diffuse-interface Phasenfeld-Methode eingebracht. Diese Methode ermöglicht es, insbesondere bei kapillaritätsdominierter Benetzung, Imbibitions- sowie Penetrationsprozesse in porösen/strukturierten Substraten zu beschreiben. Fokus liegt auf der Erfassung lokaler Heterogenitäten (Porengröße, Rauigkeit, Funktionalisierung) sowie einer skalenüberbrückenden Methodik durch Kombination von HPC-Techniken, DG-Methoden und dem hybrid atomistic-continuum Ansatz. OpenFOAM
: „Kontaktliniendynamik und diffusionsgetriebene Keimbildung bei der Kavitation“ (Projektleitung: Prof. Dr.-Ing. Peter Pelz, Fachbereich Maschinenbau) Teilprojekt C06
In diesem anwendungsorientierten Teilprojekt liegt der Fokus auf der Kavitation – ein Vorgang der in hydraulischen Maschinen von hoher Relevanz ist, da er zu Verschleiß, Lärm und Funktionsverlust führen kann. Für die Entstehung und Dynamik einer Kavitationsblase sind sowohl die Diffusion von Fremdgasen aus der übersättigten Flüssigkeit wie auch die Verdampfung maßgebend. Diese Stofftransport- und Phasenwechselvorgänge werden stark von den Benetzungseigenschaften beeinflusst und umgekehrt. In einem Versuchsstand werden Keimbildung und Kavitation mit hoher Auflösung auch im Bereich nahe der Kontaktlinie erfasst. Analytische Modelle werden abgeleitet sowie Validierungs- und Vergleichsdaten anderen Teilprojekten zur Verfügung gestellt.
: „Messmethode und -instrument zur Bestimmung der lateralen Adhäsion von Tropfen“ (Projektleitung: Prof. Dr. Hans-Jürgen Butt, Max-Planck-Institut für Polymerforschung Mainz) Teilprojekt C07
Dieses zweite neue anwendungsorientierte Teilprojekt ist aus Erkenntnissen von
in der ersten Förderperiode entstanden. Dort wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem direkt die Kraft gemessen werden kann, die zur Bewegung eines Tropfens über eine Oberfläche notwendig ist. Damit lassen sich Inhomogenitäten auf Oberflächen charakterisieren als auch die dynamischen Randwinkel messen. Das Verfahren soll in C07 zu einem multifunktionellen Messgerät weiterentwickelt und etabliert werden. Außerdem sollen wissenschaftliche Fragen geklärt werden, zur Rolle von Defekten, Verunreinigungen oder einer elektrischen Aufladung bei der Kontaktwinkelhysterese. C03
Die Teilprojekte B05 „Molekulare Modellierung komplexer Fluide im Bereich der Dreiphasenkontaktlinie“ sowie C05 „Verstärkung des elektroosmotischen Flusses auf superhydrophoben Oberflächen“ laufen zum Ende der ersten Förderperiode aus.
Über den SFB 1194
Der SFB 1194 ist ein Zusammenschluss von Forscherinnen und Forschern der TU Darmstadt, des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung Mainz und des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden. Sprecher des SFB 1194 ist Prof. Dr.-Ing. Peter Stephan vom Fachbereich Maschinenbau der TU Darmstadt, stellvertretender Sprecher Prof. Dr. Dieter Bothe vom Fachbereich Mathematik der TU Darmstadt.