Mikro- und Nanopartikel mit lichtgesteuerter Marangoni-Strömung lenken

Neue Publikation in Nano Letters

23.11.2018

Forscher am Institut für Nano- und Mikrofluidik und Kollegen vom National Institute of Technology Calicut und der Tsinghua University haben eine Methode entwickelt, die das Greifen und Manipulieren von Nano- und Mikropartikeln mit Hilfe von lichtgesteuerten Grenzflächenströmungen erlaubt.

Bild: Institut für Nano- und Mikrofluidik

Die Möglichkeit, kleine Objekte gezielt zu bewegen und Muster auf der Nano- und Mikroskala zu erzeugen ist sowohl in der Grundlagenforschung als auch im Hinblick auf technologische Anwendungen von großer Bedeutung. Partikel mit Durchmessern von 100 Nanometern oder kleiner kontrolliert zu bewegen ist jedoch äußerst schwierig: Aufgrund der Brownschen Bewegung der kleinen Teilchen aber auch wegen des skalierenden Verhaltens von Methoden wie dem „optischen Einfangen“ (optical trapping).

Die von den Wissenschaftlern entwickelte Methode erlaubt das Einfangen und kontrollierte Bewegen von Nano- und Mikropartikeln mittels Grenzflächenströmungen, die durch Licht im sichtbaren Spektrum gesteuert werden. Die Vorteile der Methode liegen in der linearen Skalierbarkeit der „Fangkraft“ abhängig vom Partikeldurchmesser und der Tatsache, das die Kraft weniger abhängig von Partikeleigenschaften ist als bei konventionellen Methoden.

Publikation:
C. Lv, S. N. Varanakkottu, T. Baier, and S. Hardt, Controlling the trajectories of nano/micro particles using light-actuated Marangoni flow, Nano Letters 18 (2018), 6924−6930. DOI: 10.1021/acs.nanolett.8b02814

Institut für Nano- und Mikrofluidik
Research Area Interfacial Flow

Lichtgesteuerte Marangoni-Pinzette

Eine Optische Pinzette ist ein photonisches Gerät zur Manipulation, das heißt zum Festhalten und Bewegen kleinster Objekte mit einem Laserstrahl. Optische Pinzetten (»Optical tweezers«) werden unter anderem in den Lebenswissenschaften verwendet, um etwa Mikropartikel oder Zellen zu manipulieren. Dazu wird ein stark fokussierter Laser mit einem geeigneten Intensitätsprofil benötigt. Das zu manipulierende Objekt wird in Richtung des Ortes der größten Lichtintensität gezogen.

Licht kann auch als Photonenstrom verstanden werden, mit dem ein entsprechender Impuls transportiert wird. Trifft dieser Photonenstrom auf Materie, wird der Impuls des Lichts auf sie übertragen. Das Objekt folgt dem Laserstrahl. Mit abnehmender Partikelgröße nimmt jedoch diese Fangkraft des Lichtes schnell ab. Am Institut für Nano- und Mikrofluidik wurde das Funktionsprinzip der Optischen Pinzette um die Marangoni-Strömung erweitert. Die Vorteile: die Fangkraft beruht nicht auf Licht, sondern auf einer im Bereich des Lichtstrahls erzeugten Oberflächenströmung. Dieser fluiddynamische Charakter der Fangkraft macht das Verfahren vor allem für den Nanobereich interessant.

Auf einer Flüssigkeitsoberfläche werden dazu lichtempfindliche oberflächenaktive Substanzen (Surfactants) adsorbiert, die mit einem Laserstrahl im UV-Spektrum reversibel zwischen zwei isomeren Zuständen schaltbar sind. Der lokale Unterschied der Oberflächenspannung zwischen beleuchteter und unbeleuchteter Stelle führt zu einer Marangoni-Strömung, die ein Partikel an der Flüssigkeitsoberfläche stets im Fokus des Laserstrahls hält. Deshalb der Name Marangoni-Pinzette.

Ein weiterer Vorteil gegenüber herkömmlichen Optischen Pinzetten ist, dass auch Mikropartikel ohne Brechungsindexkontrast zur Umgebung mit nur geringen Lichtintensitäten bewegt werden können. Das könnte die Marangoni-Pinzette für mögliche Anwendungen im Bereich der Biomedizintechnik interessant machen.

Dr. Subramanyan Namboodiri Varanakkottu & Prof. Dr. Steffen Hardt